Das Wahrzeichen der Marktgemeinde, von dem aus einst vor Angreifern gewarnt wurde, in dem früher Gesetzesbrecher schmoren mussten und das seit 1969 ein Museum beherbergt.
Schon beim ersten Zug der Osmanen gegen Wien 1529 waren weite Teile des heutigen nördlichen Burgenlandes, darunter auch Breitenbrunn, arg in Mitleidenschaft gezogen worden. In weiterer Folge wirkten sich nicht nur die Türkenkriege, sondern auch Raubzüge ungarischer Aufständischer verheerend aus. Um Plünderungen und Brandschatzungen nicht länger wehrlos ausgeliefert zu sein, wurde der Ortskern von Breitenbrunn ab der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts befestigt. Zwei der Eckbollerwerke sind bis heute erhalten geblieben: der Wehrkirchhof an einem Ende des Dorfes (siehe 9. Station) und der Turm, der die Straße von Ödenburg/Sopron nach Preßburg/Bratislava bzw. Bruck an der Leitha abschirmte.
Der „Türkenturm“
Der im Volksmund „Türkenturm” genannte Wehrturm wurde möglicherweise über einem mittelalterlichen Ritterwohnturm errichtet und war ursprünglich vermutlich nur über eine Holztreppe zugänglich. Heute betritt man das mächtige Bauwerk über eine überdachte Stiege, einen sogenannten Laubenaufgang, aus dem Jahr 1688, wobei diese Jahreszahl aber wahrscheinlich nicht das Erbauungsjahr angibt, sondern eher auf eine Restaurierung hinweist, denn stilistisch passt der Turm eher ins späte 16. und nicht ins 17. Jahrhundert. Kunstgeschichtlich besonders interessant sind die Turmaufsätze mit Blendarkaden und runden Türmchen an den Ecken (siehe Abbildung). Die Höhe des Turmes wird in verschiedenen Publikationen unterschiedlich angegeben, wobei 22, 32 und 33 Meter genannt werden. Von welcher Höhe aus auch immer: Vom Balkon bietet sich ein schöner Rundblick, der nun längst nicht mehr der Ausschau nach möglichen Feinden oder Brandherden gilt, sondern einer der Höhepunkte eines Besuchs des Museums ist, das hier seit 1969 eingerichtet ist. Angaben zu den Öffnungszeiten des landschafts- und volkskundlichen sowie siedlungsgeschichtlichen Museums finden sich auf der Homepage der Marktgemeinde unter www.breitenbrunn.at/kultur/museen/turmmuseum.
Der „Pranger“
Eine zweite alte Bezeichnung des Wehrturms als „Pranger“ weist in jene Zeit zurück, als hier Gericht gehalten wurde. Maßgeblich dafür ist das Jahr 1689, als Breitenbrunn vom damaligen Grundherrn Paul I. Esterházy das Marktrecht verliehen wurde. Mit diesem Privileg war die Einsetzung eines aus der Bürgerschaft stammenden Marktrichters verbunden, der die an Markttagen stattfindenden Gerichtsverhandlungen leitete. Verhandelt wurden in aller Regel nur leichtere Delikte, wie der Diebstahl von Erträgen aus Wald und Flur, was mit dem Anketten des Delinquenten an einen Pranger (Schandpfahl) geahndet wurde. Bei Diebstahl von Hausrat musste der Dieb das Gestohlene an der Schandfiedel durch das Dorf tragen. Wie so ein Schandholz aussah, wird an der Nordseite des Turms vis á vis der Prangerstrasse demonstriert. Die hier ausgeübte sogenannte niedere Gerichtsbarkeit war außerdem für das Erbrecht, Grenzstreitigkeiten und die Registrierung und Überwachung von Verkäufen zuständig. Wer in Breitenbrunn zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, musste diese im Kotter im Untergeschoss des Turmes absitzen. Folter, schwere Leibstrafen und die Todesstrafe waren den Landgerichten vorbehalten. Märkte aber werden in der Marktgemeinde noch immer abgehalten und gehören inzwischen auch mit zu den touristischen Attraktionen von Breitenbrunn.
Der Wehrturm als Wahrzeichen
In den Neusiedler-See-Gemeinden einzigartig gilt der Wehrturm mit seiner vorherrschenden Stellung im Ortsbild und seiner Rolle in der Ortsgeschichte schon seit langem als Wahrzeichen der Marktgemeinde. Das 1951 verliehene Gemeindewappen zeigt – analog zu den Landesfarben des Burgenlandes Rot-Gold – eine gelb-goldene Darstellung des Wehrturms auf rotem Grund. Und auch im Logo von Breitenbrunn als „Welterbe-Ort“ der UNESCO bildet selbstverständlich der Wehrturm den Blickfang.
Um zur 7., 8. und 9. Station zu gelangen, wenden Sie sich bitte Richtung Westen in die Kirchengasse.